In den Zeiten der Weltwirtschaftskrise der zwanziger und dreißiger Jahre erfreuten sich Gangster wie Al Capone, Bonnie & Clyde sowie John Dillinger großer Beliebtheit bei der Bevölkerung, weil sie die Großen schädigten und gelegentlich den Kleinen etwas abgaben, auch wenn zweiteres eher die Seltenheit war. Sie wurden dadurch zu Helden ihrer Zeit und wurden verehrt, bejubelt und gelegentlich unterstützt.
Ein Stück weit wurden sie auch zu Vorbildern in einer Zeit, die den Jugendlichen wenig Perspektiven bot, aus ihrem sozialen Umfeld auszubrechen. Zwar mussten sie in den entsprechenden organisierten Kreisen auch klein anfangen und sich hocharbeiten, aber zumindest hatten sie eine Perspektive, wenn sie nur hart genug waren und wenig Skrupel kannten. Es war in sich eine ehrliche und authentische Welt, die insofern durchschaubar war, dass man wusste auf welche Risiken man sich einließ und was man dadurch erreichen konnte. Mehrere Jahre Gefängnis war das mindeste mit dem man zu dieser Zeit rechnen musste, wenn nicht sogar früher oder später der elektrische Stuhl. Wahrscheinlich war die Gruppe der wirklichen Gangsterhelden deshalb auch so überschaubar, weil sich die Mehrheit der armen Jugendlichen überlegten, dass die Risiken zu groß sind.
Möchtegern-Gangster heute
In den letzten Jahren hatte sich das Bild, das man mit Gangstern verband, durch den deutschen HipHop mit Schwerpunkt Berlin stark verändert. Ihr Outfit und Habitus zeigte einen ganz eigenen Stil, den größere Teile der Bevölkerung eher abstoßend fanden. Vorbilder für die Jugend sind auch diese selbststilisierten Gangster, die ebenso stark für eine gewissen Perspektivlosigkeit stehen, wie ihre Äquivalente der Vergangenheit. Vielleicht liegt es an ihrer mangelnden Authentizität, aber die allgemeine Faszination größerer Bevölkerungsteile blieb ihnen stets verwehrt.
Auch das, was sie der Jugend mitgeben, ist nicht authentisch, denn nicht jeder kleine Möchtegernrapper wird den großen Erfolg eines Bushido oder Sido haben, auch wenn er sich das noch so gern einredet. Mittlerweile haben beide Beispiele sich ja stark gewandelt und zeigen ein ganz anderes Bild von sich, das nach den vorherigen Auftritten fast noch unglaubwürdiger daher kommt, auch wenn einige ihrer Aussagen durchaus Hand und Fuß haben. Wahrscheinlich muss man immer bedenken, dass sie zum großen Teil doch nur Produkte einer PR-Maschinerie sind und sich das Gangstersein einfach zu der Zeit am besten verkaufte. Mal sehen, wie lange ihre Anhänger brauchen, um sich ebenfalls zu drehen.
Heimliche Gangster
Neuerdings ist eine ganz neue Spezies auf den Plan getreten, die sich auch über Banken bereichern. Äußerlich gleichen sie fast den Gentlemangangstern der dreißiger Jahre, doch ihre Intention ist eine ganz andere, außerdem geben sie sich den Anschein der Legalität. Die Rede ist von den Bankberatern und -managern, die große Summen an Bonuszahlungen kassieren, über deren Rechtmäßigkeit man streiten kann. Ihr Image ist dementsprechend schlecht und große Teile der Bevölkerung halten ihre Aktivitäten moralisch verwerflich, wenn nicht sogar illegal.
Nun ist die Frage, welche Vorbildwirkung sie für die Jugend haben? Für gewisse Jugendliche, die in einem neoliberalen Umfeld groß werden, könnten sie durchaus nachahmenswert empfinden, denn ihr Lebensstil weißt genau die Labels auf, die für diese Zielgruppe erstrebenswert sind. Zumal die Risiken klein sind, denn im schlechtesten Fall geht man „nur“ mit einem dicken Gehalt nach Hause, von dessen Höhe der kleine Mann auf der Straße auch nur träumen kann. Alle andere, die nicht in den entsprechend privilegierten Kreisen aufwachsen, haben nicht einmal ansatzweise eine Chance diesen Weg einzuschlagen, denn auch wenn sie wider Erwarten die nötigen Bildungschancen erhalten, fehlen ihnen die entsprechenden Netzwerke, um an solche Positionen zu kommen.
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