Filmreview: Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford

Wer kennt den Namen nicht … Jesse James … allein er schon sorgt für Assoziationen, wie Heldentum, Ungebundenheit, Abenteuer und eben alles, was uns am Wilden Westen romantisch erscheint. Zahlreiche Eltern benannten nach seinem Tod ihr Söhne nach ihm und auch heute noch wird seine Geschichte immer mal wieder erzählt. So auch in dem Film Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford mit Brad Pitt.

Der Bürgerkrieg der Nord- und Südstaaten der USA war zu Ende gegangen und das Land war verwüstet, ein großer Teil der jungen Männer gefallen und das Aufrechterhalten moralischer Konventionen alles andere als einfach. Wie so oft nach derart verheerenden Kriegen der beste Nährboden für Gruppierungen, die die Gesetze nicht allzu wichtig nehmen. So auch Jesse und Frank James, die sich nach den Wirren des Krieges nicht wieder in geordnete Verhältnisse einfügen konnten und sich verschiedenen Guerillabewegungen anschlossen, die vor allem auf ehemaligen Konforderierten bestanden, die sich gegen die ungerechte Behandlung durch die siegreiche Union wehrten. Bald kam es zu den ersten Staftaten, bei denen auch Blut floss und Menschen starben. Im Lauf der Zeit erreichten die James Brüder eine gewisse Berühmtheit, denn ihre Bank- und Zugüberfälle waren für die damalige Zeit ziemlich spektakulär und wie es auch heute der Fall ist, stürzten sich die Zeitungen darauf und berichteten nur zu gern über diese und politisierten sie auch in der ohnehin sehr zerissenen Zeit. Die Überfälle wurden immer gewagter und die Bande handelte zunehmend organisierter und erfolgreicher. Beide Brüder werden von den einfachen Leuten immer mehr wie Volkshelden vereehrt und ihre Geschichten werden in Romanheftchen und Erzählungen verarbeitet.

Der Film Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford verzichtet jedoch auf die Darstellung der Geschichte der Band und erwähnt diese eher beiläufig durch einen Erzähler. Die Story setzt erst 1881 ein, als die Bande bereits im Niedergang begriffen ist, denn Frank James hat genug von dieser Art zu leben und möchte sich zur Ruhe setzen. Auch Jesse versucht dies nach einem letzten gemeinsamen Clou, bei dem der jungen Bob Ford ein Teil der aus Kleinganoven zusammengewürfelten Crew ist. Dieser verehrt Jesse sehr und wünscht sich seit seiner Kindheit nichts mehr, als ebenso berühmt und beliebt zu sein, wie sein großes Idol. Doch Jesse James ist nicht der Mann für den man ihn gern halten möchte. Im Film von Brad Pitt dargestellt, bietet sich uns ein Antiheld, der zum Teil eher bedauernswert als heroisch scheint. Denn das Leben in der freien Wildbahn gleicht nicht der Idylle einer Malboro-Werbung, sondern ist hart und entbehrungsreich. Die Zeit, die er dann in einer Art Parallelleben, mit Frau und Kindern verbringt, ist vor allem von der Angst entdeckt zu werden beseelt und der tendeziellen Paranoia des allgegenwärtigen Verrats, denn immerhin sind große Summen auf seine Ergreifung ausgesetzt.
In dieser Zeit, wenige Monate vor seiner Ermordung, driftet Jesse James immer mehr in Depressionen ab und wird für seine Umgebung zunehmend unberechenbarer, seine Stimmung reicht von brutal hysterisch bis überaus lustig und gesellig. Keiner kann ihn mehr wirklich einschätzen und weiß, was er als nächstes tun wird. In dieser Zeit lässt er selbst den jungen Bob Ford erstaunlich nahe an sich heran und erlaubt ihm eine Zeit lang in seinem Haus bei seiner Familie zu leben. Jesse plant auch einen neuen Clou, bei dem eine weitere Bank um einiges erleichtert werden soll. Was er zu dieser Zeit nicht weiß, Bob Ford arbeitet mit dem Gouverneur von Missouri, Thomas T. Crittenden, zusammen und sie planen die Ergreifung Jesse James‘. Doch intuitiv entzieht sich dieser immer wieder verschiedenen Situationen, in denen diese möglich gewesen wäre, aber die Schlinge zieht sich immer enger um ihn, so dass bald kein Ausweg mehr bleibt.
Am 3. April 1882 wird er schließlich von seinem vermeintlich Vertrauten, Bob Ford, in seinem eigenen Haus unbewaffnet erschossen. Mit dieser Tat erhofft sich der junge Mister Ford zu dem Ruhm zu kommen, um den er Jesse James immer beneidet hat, doch seine Hoffnungen trügen ihn, denn kaum jemand aus der Bevölkerung billigt seine Tat, hatte Jesse doch nie die einfachen Leute geschädigt, sondern vor allem die verhassten Yankees mit ihrem Reichtum und ihrer Arroganz.

Was macht den Film nun sehenswert, wenn die Story doch so offensichtlich und ohne große Überraschungen ist? Wie schon erwähnt steht und fällt der Film vor allem mit seinen beiden Hauptdarstellern. Vor allem Brad Pitt löst sich mit seiner Rolle entgültig von dem immer wieder aufkeimenden Vorwurf, das er zwar ganz hübsch anzusehen, aber schauspielerisch eher mittelmäßig sei. Man sieht im Film einen Mann, der eigentlich jünger ist als Brad Pitt (43) selbst, denn Jesse James war erst 34 Jahre alt, als er ermordet wurde, aber aufgrund des entbehrungsreichen Lebens sieht man deutliche Spuren in seinem Gesicht, die diesem viel Ausdruck verleihen. Er spielt die Rolle des ausgebrannten und innerlich zerissenen Banditen sehr emotional und glaubwürdig, so dass man als Zuschauer immer wieder hin und her gerissen ist, ob man ihn nun sympatisch finden oder eher verabscheuen soll. Ähnlich seiner Rolle in „12 Monkeys“, in der er den wahnsinnigen Jeffrey Goines spielt, wird die Bandbreite seines schauspielerischen Könnens, jenseits von Sexappeal und Oberflächlichkeit, sehr deutlich.

Auch Casey Affleck, der jüngere Bruder von Ben Affleck, der den Robert Ford darstellt, ist sehr sehenswert, denn man kann sich nie ganz sicher sein, ob man es mit einem einfältigen Träumer zu tun hat oder einem durchtrieben, berechnenden Mann, der sein Ziel berühmt zu werden mit Hilfe ständigen Understatments zu erreichen versucht. Die Tragweite seiner Rolle wird nicht nur durch die Tatsache deutlich, dass er Jesse James in den Rücken schießt, als dieser sich in seiner häuslichen Umgebung, unter vermeintlichen Freunden unbewaffnet bewegt, sondern auch vor allem in seiner berechnenden Zurschaustellung seiner Tat, auf die er wohl als einziger Mensch seiner Zeit wirklich stolz ist.
Passend zum Film ist auch der Soundtrack, der von Nick Cave und Warren Ellis arrangiert wurde. Durch ihn wird die Stimmung des Films wunderbar unterstützt und die durch ihn hervorgerufene Melancholie noch verstärkt. Nick Cave selbst tritt in einer Szene als Sänger in einem Saloon auf, in der er die bekannte Ballade von Jesse James Ermordung singt.

Poor Jesse had a wife to mourn for his life,
Three children, they were brave;
But that dirty little coward that shot Mr. Howard
Has laid poor Jesse in his grave.


Fazit:
Wer einen Western mit Tumbleweed, Saloonschlägereien und Duellen auf der Dorfstraße gepaart mit gröhlenden Cowboys, die den Kopf voller Whiskey haben, erwartet, wird enttäuscht sein, denn „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ ist eher ein Film der leisen Töne. Ich würde sogar so weit gehen, ihn eher als Antiwestern zu bezeichnen, denn wie schon angedeutet, bleibt fast nichts von der Westernromantik, die wir gern mit diesem Thema assoziieren.
Trotzdem ist es ein sehr gelungener Film, der vielleicht ein Stück weit zeigt, wie das Leben in dieser Zeit wirklich war und mit wenig sehr viel aussagt. Ein Film, der mit tiefen Charakteren und stimmungsvollen Bildern glänzt und ohne Probleme auf zuviel von allem anderen, das Hollywoodfilme oft ausmacht verzichten kann. Stellenweise ist er etwas langatmig, aber dies ist mit der richtigen Erwartung kaum störend.

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