Das Deutsche Lehrerforum – Wellness für’s Gehirn

img_20160924_182012Es ist nun schon eine Woche her, dass ich am Deutschen Lehrerforum vom 23. bis 25. September in Königswinter bei Köln teilnehmen durfte und nachdem die positive Erschöpfung, die mich durch die Woche begleitet hat, vergangen ist, möchte ich einen kleinen Rückblick mit Abstand wagen.

Für das Deutsche Lehrerforum konnte man sich als Tandem zum Thema „Vielfalt in der Schule“ bewerben, was ich auch zusammen mit der Sonderschullehrerin, mit der ich in meiner Klasse zusammenarbeite auch getan habe. Unsere Schule zeichnet sich durch Vielfalt hinsichtlich verschiedener Nationalitäten, Religionen und Lernniveaus aus. In fast allen Klassen wird inklusiv gearbeitet und die Überlegungen, die gute Zusammenarbeit zwischen Sonderschul- und Regelschullehrern gelingen kann, bilden einen großen Anteil unserer Schulentwicklungsarbeit. Deswegen haben wir uns sehr gefreut, beim Deutschen Lehrerforum Anregungen zu bekommen und anderen etwas aus unseren Erfahrungen weitergeben zu können.

Die Organisationsstruktur des Forums war darauf ausgelegt, dass möglichst viel Austausch zwischen den Teilnehmern stattfinden konnte und wenig frontal präsentiert wurde. Da es unmöglich ist, einen allumfassenden Bericht darüber zu verfassen, möchte ich mich auf einige Schlaglichter beschränken, die für mich sehr inspirierend waren.

Austausch mit Kollegen aus ähnlichen Schulformen

Die Bandbreite der Teilnehmer umfasste alle Bereiche, die mit schulischer Bildung zu tun hatten. Vor der universitären Lehrerbildung, über Sozialarbeit und Berufsorientierung waren aus allen Schulformen Kollegen eingeladen. Besonders spannend war es daher mit den Kollegen ins Gespräch zu kommen, die ebenfalls inklusiv und binnendifferenziert arbeiten, also keine Aufteilung der Schüler in Niveaukurse erfolgt, sondern gemeinsames Unterrichten in einer Klasse unter Berücksichtigung der verschiedenen Lernniveaus.

Viel Zeit habe ich mit den Kollegen des Kulturanums aus Jena verbracht, einer Schule, die Ideen des Jenaplankonzepts umsetzt und sich im Aufbau befindet. Dort wird inklusiv in jahrgangsgemischten Gruppen gearbeitet, die Schüler erhalten regelmäßig verbale Rückmeldungen in den Fächern und Berichtszeugnisse zu den Halbjahresenden. Noten gibt es erst ab der 8. Klasse. Um effektiv binnendifferenziert arbeiten zu können, wurden auf Kompetenzrastern basierende Lerneinheiten entwickelt, die für die Schüler als Lernpfade zu bearbeiten sind. Das klingt nach viel Selbstbestimmung für den Schüler in Bezug auf sein Lernhandeln und gibt ihm die Möglichkeit in seinem Tempo zu lernen und seine Lernfortschritte abprüfen zu lassen. Weiterhin spielen Projekte eine wichtige Rolle im Schulalltag, die bekanntermaßen hochmotivierend für Schüler sind und bei denen sie meist ganz viel „nebenbei“ lernen. Eine kleine Anekdote erzählte ein Kollege von seinem Einstellungsgespräch. Er wurde gefragt, ob er einen Rotstift besitze und bejahte das. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass er diesen wegschmeißen könne, da der stärkenorientierte Ansatz der Schule einen anderen Umgang mit Fehlern vorsieht, als diese den Schülern als Defizit vorzuhalten. Auch wenn dieses Rotstiftverweigern eher symbolischen Charakter hat, ist es meiner Meinung nach genau der Ansatz, den ich auch bevorzuge. Glücklicherweise waren die Jenaer sehr erfreut von der Ankündigung, uns ihre Schule einmal im Alltag anzusehen und wir hoffen, dass das noch in diesem Jahr etwas wird.

Kamingespräch mit Sylvia Löhrmann

Am Ende des ersten Tages, der durch Anreise und viel Input schon sehr anstrengend war, stand ein Kamingespräch mit der Schulministerin NRWs Sylvia Löhrmann auf dem Programm. Nachdem wir dem kurzen Impuls, dieses zu schwänzen, widerstanden hatten, stellte es sich als wertvolle Erfahrung heraus, da interessante Fragen von verschiedenen Teilnehmern gestellt wurden, die Frau Löhrmann teils sehr persönlich und vorwiegend unterhaltsam beantwortete. Als ehemalige Lehrerin an Schulen mit Schülern vielfältigen Backgrounds kommunizierte sie viel Verständnis für die Bedürfnisse und Probleme der Lehrer und vermittelte den Eindruck nah an diesen dran zu sein und sich dafür aufrichtig zu interessieren. Für mich waren Einblicke in die Systematik der politischen Abläufe und damit verbundene Kämpfe und Kompromisslösungen sehr spannend, denn man macht sich selten Gedanken darüber, welche Auswirkungen in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen, Forderungen nach mehr Entlastungsstunden oder mehr Doppeltbesetzungen im Unterricht haben. Gibt man jeder Schule in einem Bundesland nur eine Stunde mehr, summiert sich das schnell auf mehrere Lehrerstellen, wenn dies an allen Schulen des Landes umgesetzt werden soll, was wiederum ernsthafte Haushaltsdebatten nach sich zieht. An der Basis macht man sich das kaum bewusst, aber auch da spielen diese Abläufe im Kleinen eine Rolle. All die interessanten Fragen und Antworten aufzuführen würde den Rahmen hier sprengen, rückblickend bin ich aber sehr froh, diesen Teil des Programms nicht geschwänzt zu haben.

Lehrer und neue Medien

Sehr gefreut habe ich mich, Kollegen persönlich kennenzulernen, die ich gefühlt schon ewig aus dem Internet kenne, weil ich ihnen bei Facebook oder Twitter folge. Als am Anfang des Wochenendes ermuntert wurde unter #dlforum16 zu twittern, wurde ein bisschen gekichert, weil es offensichtlich für einen großen Teil der Teilnehmer nicht alltäglich ist, von Veranstaltungen in den sozialen Netzwerken zu berichten. Insgesamt war die Menge der twitternden Teilnehmer auch überschaubar, aber es wurde genutzt, was ich zum ersten Mal so auf einer Lehrerfortbildung erlebt habe und für eine gute Entwicklung halte. Im Laufe des Wochenendes meldeten sich auch noch einige mehr bei Twitter an, vor allem um am Dienstag danach am regelmäßig stattfindenden #EDchatde teilzunehmen bzw. mit anderen auch nach dem Wochenende in Kontakt zu bleiben.
Außer den Ausflügen in die sozialen Medien gab es auch eine ganze Reihe von Anregungen, wie man digitale Medien besser im Unterricht einsetzen kann. Ich lernte Apps wie kahoot kennen, lernte wie leicht man Erklärvideos für den Unterricht herstellen oder herstellen lassen kann und wie motivierend Breakouts für Schüler sein können.

BarCamp als Methode

rotstiftDurch das BarCamp Skellige bin ich bekanntermaßen überzeugt von der Methode und habe auch bei uns an der Schule einen Fortbildungstag mitorganisiert, der auf der Idee des Austausches innerhalb einer größeren Gruppe mit einem gemeinsamen Überthema basierte und barcampähnliche Strukturen aufwies. Viele Teilnehmer kannten dieses Format noch nicht, aber die Rückmeldungen nach zwei Sessionschienen waren durchweg positiv. Natürlich gab es auch verschiedene Änderungsvorschläge, was den Organisationsablauf betraf, die sicherlich ihre Berechtigung haben, wenn man ein etwas anderes Austauschformat anstrebt, aber dann ist es eben kein BarCamp mehr. 😉

Meine erste Session fand in Kooperation mit den oben erwähnte Kollegen aus Jena statt und hatte das Thema „individuelle Leistungsmessung“. Die Überlegung war, dass Lehrer sowohl den Zeitpunkt als auch das Format festlegen und die Schüler daraufhin Leistungen liefern sollen. Geht man jedoch von Vielfalt in der Schule aus, die verschiedene Arbeitstempi, Lerntypen und damit auch Outputtypen gibt, lohnt sich der Gedanke, wie man die Leistungsmessung ebenfalls variantenreicher gestalten kann. Die Ideen der Sessiongruppe waren vielfältig und beinhalteten mündlichen Output, wie Podcasts oder Präsentationen, Alternativen zur Klassenarbeit in Form von Lerntagebüchern, Blogeinträgen oder narratives Schreiben zu einem Thema. Auch in Bezug auf den Zeitpunkt kann variiert werden, indem der Schüler bestimmen kann, wann er sich bereit fühlt Leistung abzuliefern und im Rahmen einer Deadline mehrere Termine für eine Leistungsmessung angeboten werden. Ebenfalls wichtig war den Teilnehmern, dass es Möglichkeiten zur Verbesserung gibt und Bewertungen nicht in Stein gemeißelt sein sollten, die an einem schlechten Tag zustande gekommen sind. Besonders bemerkenswert fand ich in dieser Gruppe, die aus Kollegen von der Grundschule bis zu Gymnasium bestand, dass die Phrase: „Das geht bei uns nicht, weil …“ nicht vorkam, sondern alle kreativ nach Ideen suchten, die auch in ihrer Schulform umsetzbar sind.

Fazit

Es gäbe noch unzählige kleine uns große Momente, die es wert wären, erwähnt zu werden, aber das würde den Rahmen des Artikels bei weitem sprengen. Ich bin sehr froh, viele spannende Menschen auf dem Lehrerforum kennengelernt zu haben und würde mich freuen, wenn der Kontakt zumindest mit einigen von ihnen erhalten bliebe. Ich bin sehr motiviert in die Schulwoche gestartet und habe versucht, die ersten Ideen umzusetzen. Ich bin dankbar, dass es Veranstaltungen wie das Deutsche Lehrerforum gibt und wir hinfahren durften. Ich habe mich gefreut zu sehen, dass viele Ideen, die wir im Schulkonzept der Traumschule stehen haben und auch alltäglich leben, dem entsprechen, was wichtig ist, um vielfältigen Schülern eine vielfältige Schule zu bieten und wir somit auf einem guten Weg sind.

Sehens- & Lesenswert

 

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